Die Praxis in Sprachberufen untersuchen
Analyse von Texten: Inhaltsanalyse
Thema b Verdichten oder zählen: Das passende Vorgehen wählen
Aufgabe 1 | Qualitativ arbeiten: Interviews analysieren (30’)
Inhaltsanalysen werden unter anderem dazu verwendet, um die Transkripte von Interviews oder Fokusgruppendiskussionen auszuwerten. Hier finden Sie vier Transkripte mit Antworten, die Journalist*innen des Blick und des Tagesanzeiger vor 15 Jahren auf die Frage gaben, wie das Internet den Journalismus verändern wird. Überlegen Sie sich, wie Sie im Sinn der qualitativen Inhaltsanalyse die Antworten systematisch beschreiben können.
Tagesanzeiger A1:
Ja die Befürchtung ist natürlich schon, dass der Spardruck noch mehr zunimmt, dass die Redaktionen noch kleiner werden, und dann wird alles noch simpler und noch schneller und letztlich noch billiger. Dass ich jetzt auch noch Bilder und Videos machen und mit Newsnetz zusammenarbeiten sollte, das sehe höchstens als Befürchtung.
Tagesanzeiger A5:
Die Befürchtung ist die, dass irgendwann mal die bezahlte Tageszeitung so teuer wird, weil alles gratis im Netz vorhanden ist, dass es Menschen wie mich gar nicht mehr braucht. Was auch immer noch kommen wird, man wird es nutzen und es wird einem die Arbeit auch erleichtern. Aber es ersetzt nie die grundjournalistischen Tugenden und es setzt sie auch nicht ausser Kraft. Vielleicht werden die ein bisschen angereichert. Das Problem ist nicht das Internet, sondern das Kommerzialisierte, das den Zeitungen die Grundlage entzieht. Das ist der Grund, weshalb die Medienvielfalt schrumpfen könnte. Das ist ja schon im Gange. Die Medienvielfalt ist ja explodiert mit all den Blogs. Aber die Presse, die für die Demokratie essenziell ist, wird sich nicht halten lassen.
Blick G3:
Die Zukunftsszenarien, die viele Leute für Bezahlzeitungen und bezahlte Inhalte sehr schwarzmalen, an die glaube ich nicht. Wenn es keine Qualitätszeitungen, wie Tagesanzeiger, NZZ oder auch Blick mehr gibt: Dann gibt es auch kein Internet mehr. Es gibt es schon noch, aber keine respektive wirklich guten Geschichten mehr. Wir verdienen natürlich Geld im Online, aber wir verdienen das in einem sehr tiefen Bereich.
Es wird vielleicht eine Konzentration auf dem Markt geben, dass gewisse Medien wegfallen. Aber die Mediengeschichte zeigt, kann kein neues Medium ein altes verdrängen. Man sagte es mit dem Radio, mit dem TV und dem Internet. Heute haben wir alles.
Blick G5:
Eine Entwicklung, die sicher spannend wird: Es gibt ja jetzt dies Ausdifferenzierung zwischen Online, das vor allem News bringt und Print, das vor allem Hintergründe bringt. Es wird sicher spannend sein zu beobachten, ob diese Arbeitsteilung auch in Zukunft so bleibt oder ob sich auch die Hintergründe stärker ins Netz verlagern, aber zum Beispiel bezahlter Inhalt werden. Ich könnte mir vorstellen, dass eine solche Entwicklung kommen könnte. Also, dass man zahlen muss, wenn man eine Analyse will. Es gibt sicherlich eine Minderheit der Bevölkerung, die das tun würde.
Die Antworten und Teile davon können etwa als hoffnungsvolle und skeptische Aussagen markiert werden.
Hoffnungsvolle Aussagen wären beispielsweise:
– Eine Entwicklung, die sicher spannend wird:
Wenn es keine Qualitätszeitungen, wie Tagesanzeiger, NZZ oder auch Blick mehr gibt:
Dann gibt es auch kein Internet mehr.
Skeptische Aussagen wären beispielsweise:
– Der Spardruck nimmt noch mehr zu
– Alles wird noch simpler und noch schneller und letztlich noch billiger
– Menschen wie mich braucht es gar nicht mehr.
– Die Medienvielfalt schrumpft.
Weiter könnten Sie dann thematische Schwerpunkte bilden, welche Aspekte hoffnungsvoll oder skeptisch gesehen werden: Publizistische Qualität, ökonomische Rahmenbedingungen, Nutzung der Inhalte durch das Publikum oder verändertes Berufsbild.
Aufgabe 2 | Typenbildung: Dem Muster folgen (15’)
Ein Weg, um aus den vielfältigen Antworten der Befragten allgemeine Erkenntnisse zu ziehen, ist die Typenbildung. Dabei versuchen Forschende, typische Muster in den Antworten zu finden, mit denen dann verschiedene Typen von Befragten unterschieden werden können. Welche Typen lassen sich bei den vorliegenden Transkripten aufgrund dieser Aussagen bilden?
Eine einfache Typisierung wäre gemäss Unterscheidung in hoffnungsvolle und skeptische Antworten die Einteilung in Hoffnungsvolle und Skeptiker*innen. Man könnte aber auch schauen, ob Antwortende aus einer Redaktion ähnlich antworten und dabei bestimmte Muster in den Antworten auszumachen sind, oder ob sich die Antworten nach Alter der Antwortenden unterscheiden, oder ob es bestimmte Muster von Antworten gibt, bei denen jeweils die gleichen Aspekte zusammen genannt werden.
Aufgabe 3 | Gesprächsanalyse: Ab in die Arena (15’)
Bei der Gesprächsanalyse liegt der Fokus weniger auf den sprachlichen Inhalten eines Gesprächs, sondern auf die Interaktion der Gesprächsteilnehmenden und die Abfolge der Sprechakte. Dabei kann z.B. interessieren, inwiefern die moderierende Person in einer Gesprächsrunde einen Austausch zwischen den Teilnehmenden ermöglicht oder ob sich die Gesprächssituation eine reine Frage-Antwort-Struktur aufweist. Wählen Sie fünf Minuten einer Arena-Sendung (frühestens ab Minute 10), und halten Sie fest, wie der Gesprächs- und Interaktionsablauf ist. Was fällt dabei auf?
Je nach Sendung zeigen sich verschiedene Muster der mündlichen Interaktion. Es lassen sich dabei typische Abfolgen erkennen, bei denen gewisse Akteure jeweils aneinander anschliessen, oder das Gespräch besteht vornehmlich aus Fragen des Moderators und Antworten des jeweils angesprochenen Gastes.