Die Praxis in Sprachberufen untersuchen
In die Tiefe bohren: Fallstudien durchführen | Prof. Dr. Daniel Perrin
Thema b Fallwahl: Außergewöhnlich interessant – oder vermutlich typisch
Aufgabe 1 | Einen Fall wählen: Wissen, wie ein Fall beschaffen ist [10']
Sie finden hier vier Aussagen zur Auswahl von Fällen. Welche davon stimmen, welche nicht, und warum?
- Eine Fallstudie, die auf mehreren Fällen basiert, ist aussagekräftiger als eine Einzelfallstudie.
- Fallstudien sollten – wenn immer möglich – eine repräsentative Stichprobe untersuchen.
- Explorative Studien eigenen sich sehr gut, um Hypothesen zu generieren.
- Wenn eine Fallstudie auf mehreren Fällen basiert, dann müssen innerhalb jedes Falles diejenigen Aspekte untersucht werden, die für die Beantwortung der Forschungsfrage relevant sind.
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- Richtig: Eine Fallstudie, die auf mehreren Fällen basiert, ist in der Regel aussagekräftiger. Durch die Analyse und den Vergleich mehrerer Fälle können Forschende Unterscheidungsmerkmale und Gemeinsamkeiten der Fälle herausarbeiten, was zu umfassenderen Erkenntnissen führt.
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- Falsch: Fallstudien zielen nicht auf Repräsentativität ab. Sie beleuchten ein ausgesuchtes Phänomen in einem spezifischen Kontext und streben einen möglichst aussagekräftigen Einblick in den gewählten Wirklichkeitsausschnitt an.
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- Richtig: Explorative Fallstudien eignen sich hervorragend, um Hypothesen zu generieren. Durch die gründliche Untersuchung eines bestimmten Falles können Forschende Erkenntnisse gewinnen, die als Grundlage für weitere Forschung dienen.
- Richtig: Wenn eine Fallstudie auf mehreren Fällen basiert, müssen innerhalb jedes Falles diejenigen Aspekte untersucht werden, die für die Beantwortung der Forschungsfrage(n) relevant sind. Forschende identifizieren die relevanten Aspekte innerhalb jedes Falles und betrachten sie dann durch alle Fälle hinweg, um Zusammenhänge und Muster zu erkennen.
Aufgabe 2 | Biomed untersuchen: Wann reicht ein Fall, wann braucht es mehrere? [30']
Das Kapitel III.1.2.b beschreibt beispielhaft, was im Fall Syrien in Einzelfallstudien untersucht werden könnte, und was an mehreren Fällen. Formulieren Sie analoge Beispiele für den Fall Biomed. Wie könnte eine Einzelfallstudie aussehen? Welche Fälle würden Sie einbeziehen, wenn Sie mehr als einen untersuchen? Warum gerade diese?
Im Fall Biomed könnte der Fall zum Beispiel die Kommunikationsabteilung sein – oder die Produktion eines bestimmten Kommunikates vom Anfang bis zum Schluss. Selbstverständlich ist es Teil der Fallauswahl, den Anfang und den Schluss zu bestimmen. Den Anfang könnte der Arbeitsauftrag bilden. Der Fall könnte aber auch vorher beginnen und mitberücksichtigen, wie es überhaupt zum Auftrag kommt. Der Schluss kann das fertige Kommunikat sein, aber auch dessen Rezeption durch die Zielgruppen. Wo der Fall beginnt und wo er endet, hängt also vor allem von der Forschungsfrage ab.
Im Fall Biomed könnten aber auch mehre Fälle in die Fallstudie einbezogen werden: etwa Kommunikationsabteilungen bei mehreren mehrsprachigen Unternehmen, Produktionsprozesse von unterschiedlichen Kommunikaten oder Produktionsprozesse von Mitarbeitenden mit unterschiedlichen Profilen.
Wenn sich die Fälle in allen Aspekten gleichen, bestärkt das die Annahme, dass die Forschung hier ein Muster herausgearbeitet hat, das sich in vielen oder allen ähnlich gelagerten Fällen wiederholen dürfte. Tauchen Fälle auf, die ungewöhnlich sind und sich stark von den anderen Fällen unterscheiden, dann liefert die Analyse dieser Fälle zusätzliche, neue Erkenntnisse. Die Forschenden können diese Fälle nutzen, um weitere Forschungsfragen oder Hypothesen zu generieren.
Wenn zum Beispiel eine Mitarbeiterin mit einem besonderen Profil ihren Produktionsprozess auffällig effizienter gestaltet als alle anderen Mitarbeitenden, könnte die Hypothese lauten: Kommunikationsprofis mit Profil x arbeiten besonders effizient im Bereich mehrsprachiger Unternehmenskommunikation. Diese Hypothese überprüfen müsste dann Anschlussforschung, die Produktionsprozesse von Personen mit genau diesem Profil analysiert.