Sprache und Mensch
Man kann nicht nicht? – Zugänge zur Kommunikation | Oliver Winkler, Ursula Stadler Gamsa
Thema d Modi, Medien und mehr: Kommunikationssituationen richtig einordnen
Aufgabe 1 | Frame-Modell: Wer, wie, was? [5']
Hans Jürgen Heringers Frame-Modell postuliert, dass jede kommunikative Handlung gerahmt werden kann. Dieser Rahmen oder Frame umfasst sechs Eckpunkte, die jeweils eine zentrale w-Frage behandeln. Ergänzen Sie die folgende Abbildung mit den übrigen Eckpunkten.

Aufgabe 2 | Rahmen: Schlechte Nachrichten im Pausenraum [15']
Das folgende Video zeigt ein Gespräch im Pausenraum zwischen zwei Personen. Notieren Sie, bevor Sie es sich anschauen, drei Stichworte dazu, worüber die zwei Menschen im Pausenraum wahrscheinlich sprechen.
Schauen Sie sich dann das Video an (bis ca. Minute 3).
2a. Beschreiben Sie die Gesprächssituation im Anschluss mit Blick auf Heringers Frame-Modell.
2b. Notieren Sie nun für 4 Rahmenpunkte des Frame-Modells Tipps, die Sie an die Frau für ein solches Gespräch mitgeben würden, damit es konstruktiver verläuft.
2a:
- Szenario (Ort): Pausenraum in einem Unternehmen
- Szenario (Zeit): Zur Mittagspause (ohne festen Termin!)
- Beteiligte: Aktive Gesprächspartner sind Simon und Marie, weitere Mitarbeiter sind im Pausenraum anwesend
- Topik: Umstrukturierungsmaßnahmen im Unternehmen / Umgang mit den Maßnahmen
- Intention: Marie möchte Simon auf mögliche Veränderungen, z.B. den Verlust seines Jobs, vorbereiten
- Modus: Verbale Kommunikation: informelle sowie indirekte / implizite Mitteilung der zentralen Punkte des Topiks und der Gesprächsziele; Nonverbale Kommunikation: z.B. ausweichendes Blickverhalten Maries (Blickvermeidung), vorgelehnte Sitzposition, genervte / aggressive Mimik; Paraverbale Kommunikation: aggressiver Tonfall, erhöhtes Sprechtempo, akzentuierte Aussprache, steigende / hohe Laustärke
- Medium: Gesprochene Sprache
2b:
- Szenario (Ort): Die Umgebung wirkt sich auf ein Gespräch aus. Der Pausenraum eignet sich nicht für wichtige und heikle Gespräche.
- Szenario (Zeit): Für wichtige Gespräche wird ein Termin vereinbart. Nicht jede Zeit eignet sich für jedes Thema.
- Topik: Keine heiklen Themen ansprechen, ohne dass auf einfache Fragen geantwortet werden kann. Simon wird völlig verunsichert, da es auf keine seiner Fragen befriedigende und klare Antworten gibt.
- Modus: Um die Konstruktivität eines heiklen Gespräches zu gewährleisten, sollte auf das para- und nonverbale Kommunikationsverhalten vermehrt geachtet werden. Die Blickvermeidung Maries oder ihre als genervt und aggressiv zu interpretierende Mimik heizen die Unsicherheit und damit den Diskurs an. Die Gesprächspartnerin wird in der Folge defensiv und spricht (wohl aus Hilflosigkeit) eine direkte Drohung aus. Damit ist das Gespräch endgültig entgleist.
- Beteiligte: Das Thema des Gesprächs ist oft abhängig von den direkt oder indirekt beteiligten Personen. In einem öffentlichen Raum sollte ein privates Thema, wie im gezeigten Video, vermieden werden. Ferner hat die Frau durch ihre Wortwahl, aber auch durch die Szenarienwahl ihre Rolle als im Gespräch hierarchisch höher gestellte Person geschwächt.
- Intention: Das Ziel, die Umstrukturierungsmaßnahmen sachlich mitzuteilen, verfehlt die Frau und ein neuer Konflikt tut sich auf, den sie nicht befriedigend lösen kann. Ziele sollten im Vorhinein klar definiert sowie kommuniziert werden, um ein konstruktives Gespräch zu sichern.
Aufgabe 3 | Kommunikationswirkung: 7–38–55[10']
Eine in Coachings oft zitierte, kommunikationswissenschaftliche Studie Albert Mehrabians postuliert, dass die kommunikative Wirkung unserer Mitteilungen zu 7% über den Inhalt, zu 38% über den Ton bzw. die Stimme und zu 55% über die Mimik und Gestik gesteuert wird (kurz: 7-38-55-Regel).
Schauen Sie sich die nachfolgende Szene aus «Robin Hood: Men in Tights» an.
Kann die 7-38-55 Regel auf die Szene appliziert werden? Stimmen Sie der generellen Aussage zu den Anteilen an der Wirkung von Kommunikation zu?
Der König fordert seinen Diener auf, die schlechten Nachrichten positiv zu kleiden. Trotz der Einforderung dieser modalen Inkongruenz reagiert er schließlich bestürzt über die Neuigkeiten und ist gleichsam empört über die Art und Weise (den Modus), da das Lachen des Dieners einen Verstoß gegen die Normen und Erwartungen darstellt. Obwohl der Diener die schlechten Nachrichten para- und nonverbal äußerst positiv gekleidet überbringt, besitzt der Inhalt den größten Anteil an der kommunikativen Wirkung auf den König. Para- und nonverbale Elemente in der Kommunikation können einen Beitrag zur Wirkung leisten, bestimmen diesen aber nicht.
Mehrabians Studie wurde – dem Autor ebenfalls missfallend – über die Zeit auf das gesamte Spektrum menschlicher Kommunikation verallgemeinert. Eine so klare Aufteilung, wie die «Regel» und der um sie existierende Mythos besagt, lässt sich nicht (kommunikations-)wissenschaftlich vertreten.