Back Stage – Blick hinter die Kulissen
Hinter dem, was ist: Sprache, Welt und Wahrnehmung | Daniel Perrin
Thema h Textproduktionsforschung: Zum Beispiel der Überfalltest
Aufgabe 1 | Textproduktionsforschung: Was sie übers Schreiben verrät [20']
Auf welcher empirischen Grundlage entstehen Handlungsempfehlungen wie der Überfalltest? Was leistet eigentlich Textproduktionsforschung? – Erkunden Sie das Besondere dieses Forschungsfelds der Angewandten Linguistik am Beispiel einer ihrer typischen Datenvisualisierungen, der Progressionsgrafik:
- Überfliegen Sie den Artikel «Irgendwie bin ich immer am Schreiben» von Daniel Perrin und lesen Sie dort genau die Beschreibung der Progressionsgrafik, Abbildung 3. https://jfml.org/article/download/18/26
- Was stellen die roten Punkte dar, und wie sind sie angeordnet auf der x- und der y-Achse? Welches Bild zeigt also die gesamte Grafik?
- Warum kann es hilfreich sein, zu messen und mit solchen Grafiken zu veranschaulichen, wie ein Text entstanden ist?
- Wie sieht die Progressionsgrafik eines Schreibprozesses aus, bei dem die Autorin hin und her springt und alles immer wieder umstellt?
- Und wie sieht die Grafik aus, wenn die Autorin zu Beginn des Schreibprozesses überlegt, was sie sagen will und wie sie den Text aufbaut – bevor sie ihn in einem Zug niederschreibt?
- Die roten Punkte stellen Revisionen dar, also Stellen, wo etwas in den entstehenden Text eingefügt oder etwas daraus gelöscht wurde. Auf der x-Achse stehen diese Revisionen geordnet nach Zeit, also die zeitlich erste ganz links, die zeitlich letzte ganz rechts. Auf der y-Achse stehen sie geordnet nach ihrer Position im entstehenden Text, also die oberste im Text ganz oben in der Grafik, die unterste im Text ganz unten in der Grafik. Eine solche Grafik zeigt also, wie sich jemand beim Schreiben durch den entstehenden Text bewegt hat.
- So zeigen sich Prozessmuster, also wiederkehrende Verhalten beim Schreiben eines Textes. Es gibt Menschen, die neigen dazu, unterwegs sehr viel zu korrigieren, während andere flüssig durchschreiben. Diese Verhaltensweisen begünstigen oder erschweren es, bestimmte Ziele zu erreichen, die sich die Schreibenden für ihre Prozesse und Produkte gesteckt haben.
- Eine solche Grafik ist sehr zackig. Jedes Springen nach oben im entstehenden Text führt zu einem Sprung des Graphs nach oben.
- Eine solche Grafik ist linear, der Graph zeigt von links oben nach rechts unten, weil jede zeitlich spätere Revision jeweils weiter unten im Text erfolgt als die vorangehende.
Aufgabe 2 | Überfalltest: Hauptbotschaft-Experiment [15']
Tun Sie das. Testen Sie den Überfalltest und erfassen Sie die Hauptbotschaft! Nutzen Sie dazu die Aufgabe Welt retten:
- Lesen Sie den Text unten. Wenden Sie dann den Überfalltest an. Sobald Sie wissen, was Sie wollen, schreiben Sie den Text in einem Zug von oben nach unten durch.
ap. Eine Abwendung der von vielen Wissenschaftlern befürchteten Klimakatastrophe wäre mit heute bereits bekannten und einsatzreifen Techniken möglich, würde aber einen unvorstellbaren Kraftakt der gesamten Menschheit erfordern. Über dieses Ergebnis eigener Berechnungen berichtet der Leiter des Eduard-Pestel-Instituts für Systemforschung in Hannover, Klaus-Peter Möller, in der Februar-Ausgabe der Zeitschrift »Bild der Wissenschaft«. Nach den Berechnungen Möllers wäre eine Summe von 22 1/2 Billionen Dollar (4000 Dollar pro Erdenbürger!) notwendig, um 75 Prozent der heute genutzten fossilen Brennstoffe wie Kohle, Öl und Gas einzusparen oder durch andere Energien zu ersetzen, deren Nutzung nicht das Klima-Schadgas Kohlendioxid (CO2) freisetzt.
- Wie lautete Ihre Hauptbotschaft für den Text, die Sie im Überfalltest vor dem Schreiben festgelegt hatten?
- Welche Probleme stellen sich Ihnen beim Herunterschreiben in einem Zug? Wie gehen Sie mit diesen Problemen um, damit Sie im Schreibfluss bleiben zu können?
- Zum Beispiel: Die Welt kann zu retten sein, wenn dafür entsprechend Mittel eingesetzt werden. Oder: Die Welt wäre zu retten, aber das ist sehr teuer. Oder: Die Welt zu retten, kostet einen überschaubaren Betrag.
- Details kommen einem nicht einfach so in den Sinn beim flüssigen Herunterschreiben. Waren es jetzt 70 oder 75 Prozent? – Viele erfahrene Schreibende setzen in solchen Situationen einfach xxx in den Text und schreiben weiter, bleiben also im Schreibfluss. Sie kennen ja die Größenordnung, weil Sie sich die Geschichte im Großen und Ganzen überlegt haben, und Sie wissen, wo Sie die Details nachschauen können. Dies tun Sie nach dem ersten Durchlauf, wenn Sie alle xxx ersetzen durch konkrete Formulierungen.
Aufgabe 3 | Schreiben: Emotion und Textproduktion [5']
Adrenalinschub … In der Tat beeinflussen Emotionen unser Schreibhandeln stark. Gönnen Sie sich dazu das Quiz Schreibgefühle:
Lesen Sie die folgenden drei Fragen. Wählen Sie bei jeder die Antwort, die Ihrer Meinung nach am besten zutrifft. Begründen Sie Ihre Wahl.
1. Beim Schreiben wecken nur emotionale Texte Gefühle
- richtig
-
falsch
2. Beim Schreiben kann man negative Gefühle so leicht abbauen wie in einem Gespräch.
- richtig
-
falsch
3. Emotionen, aufgebaut im letzten Schreibprozess, werden im nächsten wieder wach.
- richtig
-
falsch
- alsch. Auch ein knochentrockener Text kann beim Schreiben Gefühle wecken, etwa Ärger und Wut über den Auftraggeber oder eigene Langsamkeit.
- falsch. Beim Schreiben sind die meisten Menschen allein, können sich also nicht austauschen mit anderen, wie im Gespräch. Die Gefühle stauen sich auf.
- richtig. Sitzt man später wieder in einer ähnlichen Situation, mit ähnlicher Aufgabe und ähnlichen Problemen, kommen die alten Gefühle wieder hoch.
- Welche dieser Praktiken kommen Ihnen vertraut vor? Welche wenden Sie selbst an, weil sie sich in Ihrem Leben als schreibende Person bisher bewährt haben?
a. Ich überlege mir vor dem Schreiben, ob dieser neue Text wirklich nötig ist.b. Nach dem Schreiben bleibe ich dran, bis der Text in der Zielgruppe angekommen ist.c. Ich versuche, alle Notizen und Quellentexte gelesen und bereit zu haben, bevor ich schreibe.d. Ich wechsle bewusst ab zwischen Schreiben und Nachlesen des bereits Geschriebenen.e. Die Möglichkeiten und Macken meines Schreibcomputers sind mir vertraut.f. Wenn ich schreibe, schiebe ich andere Aufgaben beiseite bis zum nächsten Etappenziel.g. Ich plane Kontakte zu anderen bewusst ein beim Schreiben und lasse mich nicht ablenken.h. Ich kenne meine Hauptbotschaft, wenn ich schreibe.i. Ich habe eine grobe Vorstellung vom Aufbau, bevor ich loslege.j. Um im Schreibfluss bleiben zu können, lasse ich offene Fragen auch mal stehen.k. Beim Überarbeiten achte ich darauf, dass Stil und Ton durchgezogen sind.l. Ich grenze mein Thema so ein, dass ich dazu das Wesentliche schreiben kann.m. In meinem Text treten die wichtigsten Akteure auf, die zum Thema beizusteuern haben.n. Meine eigene Stimme, meine Meinung bringe ich bewusst so ein, dass es passt.o. Den Text baue ich bewusst so auf, dass die Form zum Thema passt.p. Ich versuche, so zu schreiben, dass sich die Adressatinnen und Adressaten angesprochen fühlen.
- Ordnen Sie diese Techniken den 16 Handlungsfeldern der Textproduktion zu, wie Sie im Text «Irgendwie bin ich immer am Schreiben», Abbildung 7, beschrieben sind. https://jfml.org/article/download/18/26
- Praktiken zur Nutzung des Arbeitsplatzes
HANDLING SOCIAL ENVIRONMENT: Praktik g
HANDLING TASK ENVIRONMENT: f
HANDLING TOOLS ENVIRONMENT: e - Prakiken an der Schnittstelle zur Wertschöpfungskette
COMPREHENDING THE TASK: a
IMPLEMENTING THE PRODUCT: b - Praktiken zum Schreiben im engeren Sinn
GOAL SETTING: h
PLANNING: i
CONTROLLING: j
MONITORING: k - Praktiken im intertextuellen Umfeld
READING SOURCE TEXT: c
READING OWN TEXT: d - Praktiken zum beabsichtigten Wirkungsfeld des Produkts
LIMITING THE TOPIC: l
FINDING THE SOURCES: m
TAKING OWN POSITION: n
STAGING THE STORY: o
ESTABLISHING RELEVANCE FOR THE AUDIENCE: p