Die Praxis in Sprachberufen untersuchen
Systhematisch Fragen stellen: Die Befragung
Thema b Mündlich und schriftlich, offen und strukturiert: Das passende Vorgehen wählen
Aufgabe 1 | Befragungsformen: Von strukturiert bis offen [15’]
Ordnen Sie die Befragungsformen dem jeweiligen Strukturierungsgrad zu, von strukturiert über semistrukturiert bis offen.
- Fokusgruppendiskussion zum Umgang von Hochschuldozierenden mit KI-basierten Anwendungen zur automatischen Textgenerierung
- Online-Umfrage zur Mediennutzung von Jugendlichen
- Leitfadeninterview zu den Erwartungen von Teilnehmenden an einen berufsspezifischen Sprachkurs
- Abstimmungsbarometer
- Narrative Interviews zu Feindbildern im Nahen Osten
- elefonische Meinungsumfrage zu den aktuell wichtigsten Problemen der Schweizer Bevölkerung
- Semistrukturiert
- Strukturiert
- Semistrukturiert
- Strukturiert
- Offen
- Strukturiert
Aufgabe 2 | Gesprächsleitfaden: Die Struktur vorwegnehmen [45’]
Ein Leitfaden dient zur Orientierung der Interviewenden bei semistrukturierten Interviews. Er umfasst bestimmte Fragen, die im Verlauf des Interviews beantwortet werden sollen, aber lässt trotzdem den Befragten Raum für eigene Erzählungen.
Lesen Sie den Leitfaden und beschreiben Sie:
- Wie ist der Leitfaden aufgebaut?
- Welche Informationen enthält er?
- Inwiefern unterscheidet sich von einem Fragebogen?
Gesprächsleitfaden:
Befragung von Journalisten zur Religionsberichterstattung
Einleitung
(Aufnahmegerät einschalten)
Guten Tag Frau / Herr…. . Vielen Dank, dass Sie sich für dieses Gespräch mit uns Zeit genommen haben!
Bevor wir mit den Fragen anfangen, zunächst noch einige allgemeine Informationen zum Forschungsprojekt, zu dem dieses Interview gehört. Das Projekt ist Teil des nationalen Forschungsprogramms (NFP 58), in dem Religionen in der Schweiz aus unterschiedlichen Perspektiven untersucht werden. Wir werden Ihnen zum Schluss des Gesprächs noch eine Broschüre geben, in der alle Projekte kurz vorgestellt werden.
Im Forschungsprojekt untersuchen wir die Rolle von Medien im Austausch zwischen den Religionen. Dazu befragen wir Vertreter*innen beider Gruppen (Religionsvertreter*innen, Medienschaffende/Journalist:innen) zu ihrem gegenseitigen Verhältnis und führen auch noch eine Medieninhaltsanalyse durch. Gegen Projektende werden wir alle Befragten zu einem Workshop einladen, an dem die Ergebnisse vorgestellt und diskutiert werden.
Alle Angaben in unserem Gespräch werden anonym ausgewertet. Wir möchten zum Teil auch wörtliche Zitate daraus verwenden, es wird im Bericht aber nicht heißen: „Herr Müller hat X gesagt“, sondern z.B. „ein Vertreter einer Kirche meinte dass… „
Soviel mal zur Einleitung. Jetzt zum eigentlichen Thema.
Einstieg
Positive und negative Erfahrungen im Kontakt mit dem anderen System
1.1 Aus Ihrer Erinnerung heraus: Wann haben Sie persönlich zuletzt, wie und in welcher Form «Religion» thematisiert?
Falls nicht persönlich: Wann hat Ihre Zeitung zuletzt, wie und in welcher Form «Religion» thematisiert?
Nachfragen:
- Welche Religionsgemeinschaft? (Judentum, Christentum, Islam, Hinduismus, Buddhismus)
- Welche Akteure waren involviert?
- Wie ist man auf das Thema gestoßen, was hat den Ausschlag gegeben, es zu bearbeiten?
- Wie wurde das Thema inszeniert (objektiv, findig, thesenartig, erklärend)? Welche «Geschichten», Nachrichtenwerte stecken dahinter?
- War das eine typische Situation und was ist typisch?
1.2 Schildern Sie eine Situation in der Beziehung von Ihnen zu Kommunikator*innen von Religionsgemeinschaften, die Sie – aus Ihrer journalistischen Sicht – als sehr gelungen bezeichnen würden. Begründen Sie.
- Gibt es konkrete Beispiele dafür?
- Welche positiven Erfahrungen haben Sie diesbezüglich gemacht?
- Sind das eher typische oder untypische Erfahrungen?
1.3 Schildern Sie eine Situation in der Beziehung zu Kommunikator*innen von Religionsgemeinschaften, die Sie – aus Ihrer journalistischen Sicht – als sehr misslungen bezeichnen würden. Bitte begründen Sie.
- Gibt es konkrete Beispiele dafür?
- Welche negativen Erfahrungen haben Sie diesbezüglich gemacht?
- Sind das eher typische oder untypische Erfahrungen?
2.0 Verständnis von Religion
2.1 Was heißt für Sie eigentlich „Religion“?
2.2 Wenn Sie – aus journalistischer Sicht – das Thema Religion mit anderen Themen (Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Sport etc.) vergleichen, was sind da die Besonderheiten?
3.0 Beurteilung journalistischer Kompetenzen und Ressourcen
3.1 Wie beurteilen Sie Ihre eigene Leistung in der journalistischen Arbeit hinsichtlich des Themas Religion?
Haben Sie sich im Themenbereich Religion weitergebildet?
Gibt es allenfalls eine spezifische Ausbildung/Arbeitsrolle im Hintergrund?
3.2 Gibt es Ihrer Meinung nach auf Ihrer Redaktion genügend Sachwissen für eine adäquate Bearbeitung religiöser Themen?
3.3 Reichen Ihrer Meinung nach die redaktionellen Ressourcen (Wissen, Zeit, Personal) Ihrer Redaktion aus, um religiöse Themen gleich kompetent zu bearbeiten wie bspw. politische oder wirtschaftliche?
Nachfragen:
- Wie wird in Ihrer Redaktion entschieden, wer sich nun auf internationaler, nationaler oder regionaler Ebene mit dem Thema Religion beschäftigt? Wie läuft das?
- Gibt es Zuständigkeiten?
- Gibt es Spezialist*innen / Fachredaktor*innen?
- In welche Ressorts (bei Nicht-Printmedien: in welchen thematischen Zuordnungen) wird das Thema Religion am ehesten bearbeitet?
- Gibt es Formen der (ressortübergreifenden) Zusammenarbeit?
3.4 Stehen Ihnen redaktionelle Hilfsmittel zur Bearbeitung religiöser Themen zur Verfügung?
- Gibt es institutionalisierte Kanäle (zu Informant*innen, Quellen)?
- Wird bei diesem Thema gleich (viel) recherchiert wie bei anderen Themen?
- Eher Eigenleistungen oder Reaktionen auf Verlautbarungen?
4.0 Verständnis der Funktionen und Leistungen von Medien
4.1 Wenn Sie Ihrer Rolle als Journalist*in eine Bezeichnung geben müssten, wie würde diese Rollenbezeichnung dann lauten – gerade auch im Hinblick auf die Bearbeitung von religiösen Themen / Themen mit religiösen Aspekten? Wie würden Sie Ihre Funktion beschreiben?
4.3 Wann wird das Thema Religion zu einem journalistischen Thema – welche Voraussetzungen müssen gegeben sein?
Nachfragen:
- Nachrichtenwerte? Frames? Geschichten?
- Wird Religion zum Thema, wenn religiöse Themen mit politischen, wirtschaftlichen oder wissenschaftlichen Perspektiven (auch Akteur:innen) gekoppelt werden können?
4.4 Kann es sein, dass Beziehungen zwischen verschiedenen Religionen für Medien und Journalist:innen interessanter sind als die Einzelthematisierung einer Religion?
4.5 Erinnern Sie sich an einen journalistischen Beitrag, der Religion zum Thema hatte? Wie sind Sie vorgegangen?
Nachfragen:
- Nachrichtenwerte, Frames, Geschichten?
- Gibt es typische Muster der Herangehensweise?
- Haben Sie ein Ziel (welches?) verfolgt bei der Thematisierung?
5.0 Herausforderungen der Religionsgemeinschaften durch Medien und Öffentlichkeit
5.1 In der aktuellen Situation von Religionsgemeinschaften in der heutigen Zeit: Wo sehen Sie die größte Herausforderung im Kontakt dieser Gemeinschaften mit ihrer Außenwelt, den Medien und der Öffentlichkeit?
Nachfragen:
- Gibt es bestimmte Herausforderungen im Kontakt mit anderen sozialen Institutionen (Politik, Wirtschaft, Erziehung, Sport, Unterhaltung etc.)? Wenn ja, welche? Konkurrenz und Konflikte?
- Gibt es bestimmte Herausforderungen im Kontakt mit anderen Religionsgemeinschaften? Wenn ja, welche? Konkurrenz und Konflikte?
Durch Nachfragen klarstellen:
- Auf welche Religionsgemeinschaft beziehen sich diese Aussagen?
- Sind diese Herausforderungen für alle Religionsgemeinschaften ähnlich oder gibt es wesentliche Unterschiede zwischen den Religionsgemeinschaften? Welche Unterschiede?
5.2 Wie gehen Religionsgemeinschaften mit diesen Herausforderungen um? Gibt es bestimmte Strategie der Öffentlichkeitsarbeit?
Was sind die Ziele dieser Strategie?
Durch Nachfragen klarstellen
- Auf welche Religionsgemeinschaft beziehen sich diese Aussagen?)
6.0 Beurteilung von PR-Leistungen und Ressourcen
6.1 Wie beurteilen Sie die Kompetenz der Kommunikationsverantwortlichen von Religionsgemeinschaften?
Nachfragen:
- Sind das eher Profis oder Laien?
- Gibt es Unterschiede? Welche (zwischen verschiedenen Gemeinschaften, Regionen, Nationen etc.)?
6.2 Kommunizieren Religionsgemeinschaften stärker proaktiv als Kommunikationsverantwortliche anderer Gesellschaftsbereiche?
Gibt es Erklärungen dafür?
6.3 Haben Sie Beziehungen zu bestimmten Vertretern von Religionsgemeinschaften?
Zu welchen? Wie charakterisieren Sie die Beziehung?
6.4 Ist die Beziehung zu solchen Informant*innen Ihre persönliche Angelegenheit oder ist das in der Redaktion institutionalisiert?
7.0 Verbesserungen
7.1 In diesem Gespräch haben wir verschiedene Problemzonen im Kontakt zwischen Ihrer Religionsgemeinschaft und der Öffentlichkeit und den Medien angeschnitten, nämlich….
Nachfragen:
- Habe ich die wichtigsten Punkte angesprochen?
7.2 Blicken wir nun zum Schluss des Gesprächs noch von außen – aus der Vogelperspektive – auf die Beziehung zwischen Journalismus und Religionsgemeinschaften. Welche zentralen Bedingungen müssten Ihrer Meinung nach – auf beiden Seiten – erfüllt sein, damit diese kommunikative Beziehung als optimal aufgefasst werden könnte?
Wo wäre Ihrer Meinung nach an erster Stelle anzusetzen?
- bei Ihnen selbst – also im Journalismus?
- bei den Religionsgemeinschaften?
7.3 Zum Abschluss möchte ich Sie auch nach Verbesserungs- und Lösungsmöglichkeiten fragen. Welche Verbesserungsmöglichkeiten sehen Sie (im Journalismus und in der PR der Religionen)?
Zunächst offene Antworten festhalten, dann gestützt nachfragen:
- Mehr Aus- und Weiterbildung für Journalist:innen?
- Mehr Aus- und Weiterbildung für Kommunikationsbeauftragte von Religionen?
- Bestimmte Instrumente der Öffentlichkeitsarbeit, wie:
- Mehr direkte Kontakte (Tage der offenen Tür etc.)?
- Mehr Investitionen in interne Medien?
- Mehr Investitionen in externe Medien, Öffentlichkeitsarbeit, Werbung etc.?
7.4 Was denken Sie: Wird das Thema Religion in Zukunft von den Medien insgesamt eher stärker oder schwächer bearbeitet, und warum?
Denken Sie, dass nicht-christliche Themen künftig stärker bearbeitet werden als christliche? Warum?
Kann es sein, dass Mehrheitsreligionen für den Journalismus künftig wichtiger werden als Minderheitsreligionen, oder spielt das keine Rolle für die Relevanz eines Themas?
Kann es sein, dass Beziehungen zwischen verschiedenen Religionen künftig eher interessant sind als die Einzelthematisierung einer Religion?
8 Abschluss
Ganz herzlichen Dank für dieses Gespräch.
Möchten Sie eventuell noch etwas ergänzen?
Haben wir Ihrer Meinung nach noch wichtige Aspekte Ihrer journalistischen Arbeit im Zusammenhang mit Religion vergessen?
Broschüre NFP 58 abgeben
Workshop, Kontaktaufnahme folgt
a Wie ist der Leitfaden aufgebaut?
In einer Einleitung erhält die interviewende Person eine Anleitung, wie sie das Gespräch beginnen soll, und welche Information sie mit der befragten Person teilen soll. Dies ist wichtig, damit alle Befragten die gleichen Informationen zu den Zielen und dem Kontext der Studie kennen.
Weiter ist der Leitfaden in acht thematische Blöcke gegliedert, die nicht zwingend in dieser Reihenfolge aufgegriffen werden. Jeder Block umfasst jeweils Hauptfragen und Nachfragen. Am Schluss enthält der Leitfaden zudem eine Abschlussfrage, mit der sichergestellt wird, dass alle für die interviewte Person relevanten Punkte angesprochen wurden, und die Information zum weiteren Vorgehen.
b Welche Informationen enthält der Leitfaden?
Er enthält die zu stellenden Fragen, meist bestehend aus einer Hauptfrage und Stichworten zu Nachfragen, die je nach Gesprächsverlauf gestellt werden. Die thematischen Blöcke weisen zudem thematische Überschriften auf, so dass die interviewende Person die Übersicht hat über das jeweils zu besprechende Thema.
Darüber hinaus gibt der Leitfaden der interviewenden Person auch Anweisungen (in kursiv) zum Vorgehen im Interview.
c Inwiefern unterscheidet sich der Leitfaden von einem Fragebogen?
Der Leitfaden erlaubt durchgehend offene Antworten. Während zudem bei einem Fragebogen alle Fragen in der vorliegenden Reihenfolge beantwortet werden müssen, gibt der Leitfaden die Fragen vor, im Verlauf des Gesprächs gestellt werden sollen, liefert darüber hinaus aber auch noch Vorschläge für vertiefende Fragen, die je nach Gesprächsverlauf gestellt werden oder nicht. Der Leitfaden ist so eher ein Hilfsmittel für die Gesprächsführung als eine Auflistung von zu beantwortenden Fragen.