Die Praxis in Sprachberufen untersuchen
Herausfinden, was der Fall ist: Fallstudien wählen | Prof. Dr. Daniel Perrin
Thema a Das spannende Besondere: Was ein Fall leisten kann und wie er entsteht
Aufgabe 1 | Entscheidung: Warum für A oft gegen B bedeutet [10']
„Fallstudien beginnen mit der Entscheidung für einen bestimmten Fall und damit gegen andere, die auch möglich wären.” – Notieren Sie Vermutungen, warum sich oft gegen B und C entscheidet, wer A für eine Fallstudie auswählt. Überlegen Sie, wo in Ihrem Leben das ähnlich abläuft. Formulieren Sie dann Bedingungen, die erfüllt sein müssten, damit Forschende jeden Fall, der sie interessiert, analysieren könnten.
Einen Fall zu untersuchen, bedeutet viel Arbeit. Das kostet Zeit und Geld, und diese Ressourcen sind begrenzt. Deshalb wollen und können Forschende meist nicht alle Fälle untersuchen, die auch noch interessant wären, sondern müssen sich für denjenigen oder die wenigen entscheiden, von denen sie sich den größten Erkenntniszuwachs erhoffen – entweder, weil die Fälle sehr typisch sein könnten für das, was man untersuchen will, oder, weil sie anders liegen als alles bisher Untersuchte und Herausgefundene.
Begrenzte Ressourcen führen im Alltag zu ähnlich ausschließenden Entscheidungen: Wenn zum Beispiel Zeit und Geld nicht reichen für die Skitour und die Fahrt nach Venedig, dann entscheiden Sie sich für das Vorhaben, von dem Sie sich mehr versprechen. Nur wer unbegrenzt viel Geld hat, kann immer Ferien machen – solang die Lebenszeit reicht. Ähnliches gilt bei großen Entscheidungen wie Berufswahl, Familiengründung oder auch nur der Entscheidung für eine bestimmte Wohnung und damit gegen alle andern, die gleichzeitig auch frei wären.
Auch Forscherleben sind begrenzt, und Forschungsprojekte werden in der Regel finanziert für eine Zeitdauer von einem bis fünf Jahren. Allerdings können in großen Projekten viele Forschende mitwirken, für Langzeitstudien auch über Jahrzehnte. In der Forschung sind Ressourcen dann reichlicher vorhanden, wenn erstens ein wirklich belastendes Problem gelöst werden muss und zweitens sich die Investoren einen Gewinn erhoffen durch die Problemlösung. Beides ist etwa dann gegeben, wenn Mittel gefunden werden sollen, eine Pandemie einzudämmen.
Aufgabe 2 | Zum Fall Syrien: Wer wie zu Wort kommt im öffentlichen Diskurs [20']
Schauen Sie sich eine ganze Ausgabe eines Nachrichtenmagazins zum Weltgeschehen an, zum Beispiel die Tagesschau, und notieren Sie, wer zu Wort kommt. Welche Sprache sprechen diese Personen? Was geschieht, wenn dies eine andere Sprache ist als die des Zielpublikums des Nachrichtenmagazins? Überlegen Sie, was hinter den Kulissen des Mediums ablaufen muss, bis dieses Endprodukt so präsentiert werden kann.
Zu Wort kommen oft Quellen, die eine Sprache sprechen, die von den Journalist*innen verstanden werden. Ist dies nicht die vermutete Sprache des Zielpublikums, werden die Äußerungen der Quellen übersetzt.
In Audio- und Videomedien verbreitet ist dafür das Muster, dass man zuerst die Stimme der Quelle in normaler Lautstärke hört, für wenige Sekunden, um einen Höreindruck zu bekommen. Dann wird die Quellenstimme leiser, und darüber legt sich eine gesprochene Übersetzung. Am Ende der Äußerung hört man noch einmal die Stimme der Quelle in normaler Lautstärke.
Dieses Muster bedingt, dass die sogenannte Voice-Over-Translation kürzer ist als der übersetzte sogenannte Originalton.
Aufgabe 3 | Praktiken: Wo es sich lohnen könnte, genauer hinzuschauen [10']
Wie müsste Ihrer Meinung nach eine sinnvolle Zusammenarbeit von Medienschaffenden und Dolmetscher*innen aussehen? Wie würden Sie diese Zusammenarbeit erleichtern, wenn Sie Redaktionsleiter*in wären? Wo sehen Sie Probleme, die man vorausschauend lösen kann? Wo gibt es deshalb, aus Ihrer Sicht, Aufschlussreiches zu beobachten, wenn Sie diese berufsübergreifende Zusammenarbeit untersuchen wollen?
Aufgabe 4 | Fall Biomed: Eine Erfolgsgeschichte rekonstruieren [10']
Warum sind aus Ihrer Sicht Fälle wie Biomed spannend für Forschende? Was versprechen Sie sich von einem scharfen Blick in die Kommunikationsabteilung des Unternehmens? Wer außer Wissenschaftler*innen könnte auch interessiert sein an der Erforschung erfolgreicher Akteur*innen und ihrer Praktiken? Und wer könnte sich gegen solche Forschung stemmen, aus welchem Grund?